11. bis 17.07.2013 – Bergparade wandelt im Elsass auf sächsischen Spuren

Die Knappschaft war mal wieder auf Reisen. 70 Reiseteilnehmer begaben sich in zwei Bussen vom 11. bis 17. Juli 2013 mit dem bewährten Reiseveranstalter Eberhardt TRAVEL GmbH auf die Fahrt ins Elsass.

Es war eine erlebnisreiche Reise bei prachtvollem Sommerwetter in eine wunderschöne Landschaft mit malerischen Orten. Es gäbe viel über die Hauptstadt der Region, Straßburg, die zugleich Sitz des Europarates und Tagungsort des Europäischen Parlaments ist, zu berichten, man könnte die paradiesische Lage der Orte Obernai, Colmar, Dambach-la-Ville, Ribeauville und Riquewihr inmitten von Weinbergen rühmen oder man könnte über die zauberhafte Märchenresidenz Hohkönigsburg, die im Stile einer mittelalterlichen Ritterburg durch den deutschen Kaiser Wilhelm II. rekonstruiert wurde, ins Schwärmen kommen. Das alles und mehr waren Ziele der Reise.

In den Mittelpunkt des nachfolgenden Rückblicks auf die Reise sollen jedoch zwei Erlebnisse gestellt werden, mit denen sich die Reiseteilnehmer auf sächsische Spuren begeben haben.

Einer der Höhepunkte der Reise war der Besuch des Bergbauortes Ste-Marie-aux-Mines, einer Gemeinde mit ca. 5500 Einwohnern, die ihr Entstehen dem Silberbergbau verdankt. Bereits am Anfang des 10. Jahrhunderts haben hier die Mönche des 774 gegründeten Klosters Echery Bergbau betrieben, was durch über 100 noch vorhandene Schachtpingen nachgewiesen ist und der bis ins 13. Jahrhundert anhielt. Doch erst im 16. Jahrhundert erfuhr der Bergbau einen bedeutenden Aufschwung, der viele Bergleute aus den traditionellen deutschen Bergbaugebieten, aber vor allem auch aus Sachsen, in diese elsässische Bergbauregion einwandern ließ. Der überragende Silberbergbau hat dem Tal mit mehreren Bergbauorten auch den Namen gegeben, Val d´Argent (Silbertal). Der Bergbau, der später auch auf die Gewinnung der Metalle Blei, Kupfer, Eisen, Antimon, Molybdän, Kobalt und Arsen ausgeweitet wurde, dauerte bis 1905, lediglich in der Grube „Gabe Gottes“ wurden bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges Arsenerze gefördert.

Diesem Erbe und dieser Tradition widmet sich in Ste-Marie-aux-Mines der Verein, Société des Mineurs „Glück Auf“, ein zahlenmäßig kleiner, aber sehr aktiver Knappenverein, der in diesem Jahr das 450. Jubiläum der Caisse des Mineurs d´Echery (Eckericher Knappschaftskasse) feierte. Die Einrichtung einer Knappschaftskasse für die Unterstützung von Witwen und Waisen aus Bergmannsfamilien bzw. invaliden Bergleuten wurde mit Sicherheit von zugewanderten Bergleuten aus dem Harz und dem Erzgebirge angeregt, wo derartige Sozialkassen schon sehr frühzeitig eingerichtet wurden. Diesem Jubiläum verdankte die Freiberger Knappschaft auch die Einladung.

Schon am Vorabend, dem 13. Juli, nahmen die Freiberger Knappschaftsmitglieder mit Angehörigen an der feierlichen Eröffnung teil. Überraschend war es, dass man hier im Elsass den deutschen Bergmannsgruß „Glückauf“ benutzt und diesen sogar im Vereinsnamen führt, dass man hier nicht nur das Steigerlied, sondern auch andere bekannte deutsche Bergmannslieder singt und dass viele Menschen hier ausgezeichnet deutsch sprechen.

Am Sonntag, den 14. Juli, dem Nationalfeiertag Frankreichs, der dem Andenken des Sturms auf die Bastille im Jahre 1789 gewidmet ist, fand zunächst am Vormittag für die Freiberger Knappschaft die Besichtigung des Besucherbergwerks „Gabe Gottes“ statt. Den Höhepunkt des Tages bildete jedoch am Nachmittag die große Bergparade (défilé des Mineurs), die in dieser Form sicher zu den außergewöhnlichen Ereignissen in dieser Region gehörte. Außer einer weiteren sächsischen Formation, der Schneeberger Bergbrüderschaft, nahmen an der Parade zahlreiche Bergmannsvereine aus Baden-Württemberg und dem Saarland, ein Verein aus der Schweiz und weitere nichtbergmännische Volkskunstvereine aus dem Elsass teil. So bewegte sich doch ein recht stattlicher Zug durch Ste-Marie-aux-Mines, der auf dem Festgelände mit dem gemeinsamen Gesang des Steigerliedes seinen Abschluss fand.

Eine andere sächsische Spur begegnete uns am 12. Juli in Straßburg, wo am frühen Nachmittag exklusiv für unsere Reisegesellschaft auf der Silbermann-Orgel in der St. Thomaskirche ein halbstündiges Konzert von einem international bekannten Organisten gegeben wurde. Die Thomaskirche, deren Bau 1196 als fünfschiffige Hallenkirche begann, ist seit 1681 die evangelische Hauptkirche der Region. Hier baute Johann Andreas Silbermann (1712-1783) im Jahre 1740/41 eine große Orgel mit ursprünglich 28 Registern auf zwei Manualen. Johann Andreas war der Sohn von Andreas Silbermann (1678-1734), der in Kleinbobritzsch geboren wurde, in Freiberg zunächst das Schreinerhandwerk und schließlich bei dem sächsischen Orgelbauer Eugenio Casparini die Kunst des Orgelbaus lernte. Im Jahre 1702 gründete er in Straßburg eine eigene Werkstatt, die nach seinem Tode sein Sohn Johann Andreas weiterführte.

Gottfried Silbermann (1683-1753), der jüngere Bruder von Andreas, folgte ihm schon im Jahre 1702 ins Elsass nach, um ebenfalls die Orgelbaukunst zu lernen. Nachdem die Brüder Andreas und Gottfried in Straßburg gemeinsam vier Orgeln gebaut hatten, kehrte Gottfried 1710 als Orgelbaumeister wieder nach Sachsen zurück und gründete in Freiberg eine Werkstatt, aus der 46 Orgeln hervorgingen, von denen noch 29 erhalten sind. So entstanden im Elsass und in Sachsen unvergleichliche Orgellandschaften, in denen mit dem Namen Silbermann die bedeutendsten Orgeln der Barockzeit geschaffen wurden.

Für die Knappschaftsmitglieder aus Freiberg, wo gleich vier Silbermann-Orgeln erhalten sind, war es nun besonders interessant, auch mal eine Silbermannorgel aus dem Elsass zu hören.

Professor Daniel Maurer, mehrfacher Preisträger bei Orgelwettbewerben, Konzertorganist in zahlreichen Ländern Europas und Japan, Titularorganist der Silbermann-Orgeln in St. Thomas und St. Guillaume in Straßburg, Professor am Nationalkonservatorium in Straßburg und gefragter Dozent für Meisterkurse begann sein Konzert mit dem wohl bekanntesten Orgelwerk europäischer Kunstmusik, der Toccata und Fuge d-Moll (BWV 565) von Johann Sebastian Bach.

Das Programm wurde fortgesetzt mit den Stücken

  • J. S. Bach – Versionen des Chorals „Liebster Jesu, wir sind hier“, BWV 730 und 731
  • G. F. Händel – aus 20 Stücke „For a musical clock“ (Flötenuhr), nach einer Transkription der drei attraktivsten Stücke von D. Maurer
  • W. A. Mozart – Adagio C-Dur, KV 356, ursprünglich für Glasharmonika komponiert
  • J. S. Bach – Fuge D-Dur, BWV 532

Die Aufnahme eines Stückes von Mozart ins Programm sollte daran erinnern, dass Mozart im Oktober 1778 auf dieser Silbermann-Orgel ein Konzert spielte.

Alle Knappschaftsmitglieder waren beeindruckt vom Klang der Orgel wie auch von der meisterhaften Interpretation der Orgelwerke durch Professor Maurer.

Die Bergparade in einem traditionsreichen Ort mit ehemaligem Silberbergbau und ein Konzert auf einer elsässischen Silbermann-Orgel kann man als die Höhepunkte dieser erlebnisreichen Reise betrachten.

BK Dr. Wolfgang Dallmann

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