Hüttengeschichte
Die Fachgruppe Hüttengeschichte beschäftigt sich mit der Erforschung, Pflege und Bewahrung des hüttenmännischen Brauchtums.
Dabei geht es vor allem um die Erforschung der Geschichte der Produktivkräfte und der Technik in den Hüttenbetrieben des Freiberger Raumes und die Dokumentierung dieser Ergebnisse in Bild- und Schriftmaterial. Mit den Hüttenstandorten in Muldenhütten bzw. Halsbrücke, verfügen wir noch heute über Hüttenbetriebe, die in der über 700-jährigen Geschichte (Muldenhütten vor 1318) maßgeblich die Produktionsgeschichte des sächsischen Hüttenwesens bestimmten und die Bergstadt Freiberg, auf Grund der technischen, wissenschaftlichen und kulturellen Leistungen in der ganzen Welt berühmt machten.
Bei der Produktion, anfangs nur Silber, später auch Blei, Kupfer, Zink, Zinn, Arsen und Schwefelsäure, auf dem Gebiet der Technik, so z. B. die Einführung des Pilzschachtofens und bei neuen Technologien, wie 1881 das Schwefelsäurekontaktverfahren durch Clemens Winkler, wurde der Weltstand auf dem Hüttensektor mitbestimmt. Vor allem durch die Verbindung von Theorie und Praxis, durch berühmte Wissenschaftler der Bergakademie Freiberg und bedeutende Praktiker aus den Hüttenbetrieben.
Diese traditionsreiche Vergangenheit des Freiberger Hüttenwesen ist es Wert und Aufgabe zugleich, tiefgründiger zu forschen und die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugängig zu machen.
Die Bewältigung der Geschichte des Hüttenwesens ist nicht einfach, da sich schon Mitte des 16. Jahrhundert der Hüttenstandort Muldenhütten (Obere und Untere Muldner Hütte), und später auch der Hüttenstandort Halsbrücke, herausbildete und mit der Verstaatlichung nur noch an diesen beiden Orten die Verhüttung durchgeführt wurde. So musste bei dem über mehrere Jahrhunderte langen Betrieb immer Altes dem Neuen weichen, so dass das Hüttenwesen über sehr wenige Sachzeugnisse verfügt. Das ist auch der Grund, dass der Bergbau bekannter und interessanter ist, da es hier noch eine Vielzahl von Sachzeugnissen gibt.
In der Hütte Muldenhütten befindet sich eines der wenigen Sachzeugnisse aus dem Hüttenwesen, dem sich die Mitglieder der Fachgruppe Hüttengeschichte in besonderer Weise verschrieben haben.
Es handelt sich dabei um das dreizylindrige Balanciergebläse, das seit 1828 an seinem Originalstandort steht und bis 1954 in Betrieb war. (siehe „Zylindergebläse Muldenhütten“)
Es besteht das eindeutige Ziel dieses Sachzeugnis der Geschichte des Hüttenwesens und des Maschinenbaus, einem technisch interessierten Personenkreis weiter zugängig zu machen und in eine touristische Konzeption der Region einzubinden.
Es kann nicht sein, dass für das Freiberger Gebiet nur die Geschichte des Bergbaus und deren Sachzeugnisse gefördert und materiell unterstützt werden.
Es geht hier um eine Montan-Tradition, in der das Hüttenwesen gleichrangig einzubeziehen ist, gerade auch mit Blick auf den im vorigen Jahr erhaltenen Titel „Weltkulturerbe Montanregion Erzgebirge/Krusnohori“.
Im Galeriebereich des Gebläsehauses, wird deshalb auf mehreren Tafeln die Geschichte des Freiberger Hüttenwesen, mit den beiden Hüttenstandorten Muldenhütten und Halsbrücke, dargestellt.
So kann mit den Erläuterungen zum Zylindergebläse und dessen Vorführung die Geschichte des Freiberger Hüttenwesen anschaulich dargestellt werden. Zur besseren Information für die Besucher, wurde auch ein Faltblatt über das Zylindergebläse Muldenhütten erarbeitet.
Durch Veröffentlichungen in Büchern bzw. Zeitschriften und Vorträgen in den Veranstaltungsreihen der „Historischen Freiberger Berg- und Hüttenknappschaft e.V.“ und des “Freiberger Altertumsverein e.V.”, werden spezielle Themen der Hüttengeschichte, so über das „Leben und Wirken von W. A. Lampadius“, die „Hohe Esse der Hütte Halsbrücke“, das „Amalgamierwerk Halsbrücke“ die „Saigerhütte Grünthal“, die „Geschichte der Hütte Muldenhütten“ „T. Richter und die Entdeckung des Indiums“ oder über „L. Erkers Großes Probierbuch“, bekannt gemacht.
Die Mitglieder der Fachgruppe beteiligen sich auch weiter an der Erhaltung von Sachzeugnissen in den ehemaligen Hüttenbetrieben Muldenhütten und Halsbrücke. Insbesondere Teile in der Hütte Muldenhütten sollen auf Grund der bestehenden historischen Substanz erhalten, ausgebaut und ins Welterbe mit eingebracht werden, um die überregionale Bedeutung dieses Hüttenstandortes Interessierten zugängig zu machen.
Für die Ausstellung vom „Erz zur Münze“, die 1999 zum 50. Berg- und Hüttenmännischen Tag auf der Grube „Reiche Zeche“ eröffnet wurde, wurden durch die Fachgruppe das Material für das Freiberger Hüttenwesen erarbeitet und auf 9 Tafeln dargestellt.
Eine ähnliche Ausstellung wurde mit dem „Fremdenverkehrsverein Freiberg e.V.“, für die Ausstellung im Keller des Freiberger Rathauses zusammengestellt.
Seit 1990 bestehen enge Kontakte zu Geschichtsinteressierten des „Ring Deutscher Bergingenieure“ (RDB), Hüttenleute der Bezirksgruppe Oker. In den jährlichen Treffen, die im Wechsel in Freiberg bzw. Goslar durchgeführt werden, findet ein reger Erfahrungsaustausch und Exkursionen zu regionalen Sachzeugnissen des Berg- und Hüttenwesens statt. So fanden unter anderem Besichtigungen des Bergwerksmuseums Rammelsberg, des Oberharzer Wasserregal, des Salzbergwerk Asse der Bleihütte Oker und der Zinkhütte Harlingerode statt. Wir konnten unseren Freunden aus dem Harz unter anderem die Hütte Muldenhütten und das Zylindergebläse, die Grube Alte Elisabeth und Reiche Zeche, die Saigerhütte Grünthal, sowie die Museen in Altenberg, Ehrenfriedersdorf und Annaberg-Buchholz zeigen.
Roland Kowar
Leiter der Fachgruppe Hüttengeschichte