Zylindergebläse Muldenhütten

Die Freiberger Hütten verarbeiteten insbesondere die einheimischen Bergbauprodukte. Nach vorübergehenden Schwankungen bis 1780 erfolgte danach ein stetiger Aufschwung der Erzproduktion. Diese erhöhten Erzlieferungen erforderten in den Schmelzhütten mehr und bessere Schmelzöfen und vor allem mehr Brennstoff. Doch insbesondere die Brennstoffversorgung gestaltete sich immer schwieriger. Bereits 1753 erhob das Oberhüttenamt Klage, „daß der Holz- und Kohlemangel von Zeit zu Zeit mehr und mehr einreiße“. Jahrelange Versuche und Teilerfolge durch die Wissenschaftler Gellert und Lampadius an der Bergakademie Freiberg, führten schließlich zum Einsatz der Steinkohle ab 1823 im Freiberger Hüttenwesen. Wichtig für die vollständige Einführung von Steinkohle und Koks in den Hüttenprozessen, war der Einsatz neuer Gebläsemaschinen, denn die ledernen und hölzernen Balgengebläse reichten für die Winderzeugung nicht mehr aus.

Im September 1826 erließ der Maschinenbaudirektor Christian Friedrich Brendel, im Auftrag des Oberberghauptmann Freiherr von Herder, eine sehr ausführliche Aufforderung zur Lieferung eines eisernen Zylindergebläses für die Königl. Sächsischen Hüttenwerke. Diese Aufforderung richtete Brendel an das Hochgräflich von Einsiedelsche Eisenwerk in Lauchhammer, an die Firma Englerth, Reuleaux & Dobbs zu Eschweiler-Pumpe bei Aachen und an die Firma Harkort  & Co. in der Grafschaft Mark. Alle drei Werke reichten schon im Oktober ausführliche Angebote ein. Brendel erstattete am 27. November 1826 der  Oberberg-Hauptmannschaft in Freiberg  über  alle  Angebote  einen ausführlichen Bericht,  wobei  er sich für die Vergabe des Auftrags  an  das  Eisenwerk in Lauchhammer aussprach. Die Englerth-Maschine war „wegen ihrer Kostbarkeit gar nicht in Betracht zu ziehen“ (sie war zu teuer, sollte 3505 Taler kosten) und beim Gebläse der Firma Harkort & Co. befürchtete Brendel, dass dieses Gebläse von vornherein bis zur Leistungsfähigkeit beansprucht wird und keine Reserven mehr hat. Das Eisenwerk in Lauchhammer erhielt den Auftrag für den Gesamtpreis von 2000 Taler (ursprünglich sollte das Gebläse 2160 Taler kosten). Der Bau des Gebläses erfolgte im Jahre 1827 in einer Bauzeit von etwa 9 Monaten. Das antreibende Wasserrad wurde in Freiberg hergestellt.

Das Zylindergebläse ist ein Balanciergebläse mit zwei doppelwirkenden Zylindern. Mit Ausnahme der Kolbenstangen und den Gliedern des Watt’schen Parallelogramms, die aus Schmiedeeisen bestehen, wurden alle Teile des Gebläses aus Gusseisen hergestellt. Für die Lagerbuchsen wurde Messing verwendet.

Am 29. Januar 1828 wurde das Zylindergebläse in der Muldener Schmelzhütte in Betrieb genommen. Nach einem Bericht aus dem Jahre 1841 versorgte das Gebläse bei 7¾ Kolbenspielen 4 Rohschlackeöfen, 2 Silberbrennherde und 2 Schmiedefeuer mit ausreichendem Wind. Mit dem Betrieb weiterer Schmelzöfen stieg auch der Windbedarf in der Muldener Hütte an, sodass eine Leistungssteigerung des Zylindergebläses notwendig wurde. Im Jahre 1848 wurde das Gebläse, im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Wasserkraftanlage der Hütte, umgebaut. An Stelle des Wasserrades baute man, unter Erhöhung des Gefälles und Verminderung der Aufschlagswassermenge, eine Fourneyron-Turbine ein, eine von innen beaufschlagte Radialturbine mit stehender Welle. Zu den beiden vorhandenen Zylindern wurde ein dritter Zylinder aufgestellt und das Vorgelege dafür entsprechend geändert. Weitere größere Veränderungen wurden an der Gebläsemaschine nicht durchgeführt, sodass das Zylindergebläse noch heute so erhalten ist.

Das jetzige Gebläsehaus ist nicht mit dem Bau des Zylindergebläses 1827/28 entstanden. Ursprünglich wurde in der Schachtofenhütte ein Gebläseraum errichtet, in dem das Gebläse aufgestellt wurde. Erst Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhundert wurde diese alte Schachtofenhütte abgerissen und auf den Fundamenten des Maschinenraumes das heutige Gebläsehaus errichtet. Das Zylindergebläse war bis 1954 in Betrieb, versorgte aber in den letzten Jahren, mit Abriss der Schachtofenhütte, nur noch die Schmiede der Hütte Muldenhütten mit Gebläseluft für die Schmiedefeuer.

Zum Berg- und Hüttenmännischen Tag 1962 wurde das Zylindergebläse letztmalig mit Wasserkraft in Betrieb vorgeführt.

Roland Kowar
Leiter der Fachgruppe Hüttengeschichte

Zylindergebläse Muldenhütten von 1827 (Kunstmeister Brendel) – in Betrieb bis 1954

Alle Fotos und Bilder: Kowar oder Archiv bzw. Sammlung Kowar

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